Der Stablecoin-Markt erlebt einen rasanten Wandel in seiner Rolle innerhalb des US-Finanzsystems. Es wird erwartet, dass diese digitalen Vermögenswerte schon bald zu zentralen Akteuren auf dem US-Staatsanleihenmarkt werden, der mehrere Billionen Dollar schwer ist.
Da die US-Staatsverschuldung mittlerweile über 37 Billionen Dollar beträgt, richten sich die Blicke zunehmend auf Stablecoin-Emittenten wie Tether und Circle als neue Nachfragequellen für Staatsanleihen. Unterstützt wird dieser Wandel durch neue gesetzliche Rahmenbedingungen, insbesondere das GENIUS-Gesetz, das USD-gebundene digitale Vermögenswerte reguliert und vorschreibt, dass diese durch hochwertige liquide Vermögenswerte gedeckt sein müssen – in erster Linie durch kurzfristige US-Staatsanleihen.
Laut Analysten der HSBC könnte ein gut regulierter Stablecoin-Markt die Dominanz des US-Dollars in der digitalen Wirtschaft weiter stärken – im Einklang mit dem politischen Ziel, die USA zu einem globalen Zentrum für digitale Währungen zu machen.
Scott Bessent betonte, dass das Gesetz Milliarden von Menschen weltweit den Zugang zum Dollar ermöglichen werde, was die Nachfrage nach US-Schuldtiteln erhöhen dürfte. Der US-Finanzminister bezeichnete dieses Verhältnis als eine „Win-Win-Situation“ – für Nutzer, Emittenten und die Regierung.
Tether und Circle kontrollieren zusammen rund 90 % des Stablecoin-Marktes im Volumen von 250 Milliarden Dollar, das bis 2025 voraussichtlich um 22 % wachsen wird. Auffällig ist, dass Tether seine Präsenz in den USA ausweitet und einen ehemaligen Berater für Kryptowährungspolitik aus dem Weißen Haus eingestellt hat.
Stablecoins und US-Staatsanleihen:
Trotz des Wachstums bleibt der Einfluss der Stablecoins auf den Anleihemarkt derzeit begrenzt. Emittenten halten derzeit rund 125 Milliarden US-Dollar an Treasuries – weniger als 2 % des Gesamtvolumens im Umlauf.
Zum Vergleich: Investmentfonds halten rund 4,5 Billionen Dollar, während Versicherungsunternehmen etwa das Fünffache dessen halten, was Stablecoin-Emittenten besitzen.
Dennoch deuten Prognosen auf ein erhebliches Wachstum hin.
Coinbase schätzt, dass die Marktkapitalisierung von Stablecoins bis 2028 auf 1,2 Billionen Dollar steigen könnte. Standard Chartered und Bernstein prognostizieren sogar 2 bis 4 Billionen Dollar in den kommenden zehn Jahren.
Dieser Wandel erfolgt zu einem entscheidenden Zeitpunkt, da sich wichtige ausländische Gläubiger wie China, Japan und Kanada schrittweise vom US-Anleihemarkt zurückziehen – begünstigt durch protektionistischere Handelspolitiken.
Der Anteil ausländischer Gläubiger an US-Staatsanleihen ist in den letzten 13 Jahren von 23 % auf etwas über 6 % gesunken. Im Gegensatz dazu wurde Tether im Jahr 2024 zum siebtgrößten Käufer von US-Treasuries.
ARK Invest erwartet, dass Stablecoins bis 2030 zu einer der größten Nachfragetreiber von US-Staatsanleihen werden könnten – womöglich sogar größer als China und Japan –, was langfristig zur Senkung der Zinssätze beitragen könnte.
Auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hat den kurzfristigen Einfluss von Stablecoin-Zuflüssen analysiert: Fünf-Tage-Zuflüsse in Höhe von 3,5 Milliarden Dollar können die Renditen dreimonatiger Treasuries um 2–2,5 Basispunkte innerhalb von zehn Tagen senken.
Dieser Aufstieg birgt jedoch auch Risiken.
Einige Analysten warnen, dass Kapitalabflüsse aus Bankeinlagen hin zu Stablecoins die Kreditvergabe der Banken einschränken könnten, da ihre Einlagenbasis schrumpft.
Nichtsdestotrotz sehen viele Marktteilnehmer den Gesamteffekt als positiv. Stablecoins werden zunehmend als ein tragendes Element der zukünftigen Finanzstruktur der Vereinigten Staaten angesehen.